Mitten aus dem Leben gerissen:
Hans Wenzel †
Von Rainer Donsbach
Bei klarem Himmel hat Hans-Richard
Wenzel gerne mal bei den Nachbarn in
der Hafenstraße geklingelt, um von der-
en Dachboden aus zu fotografieren. Von
dort oben genoss er den Panoramablick
über Lehe, seinen Stadtteil, den er so
liebte und für den er unablässig gearbei-
tet hat. Als Motor der Eigentümerstand-
ortgemeinschaft und als selbstverant-
wortlicher Hausbesitzer, der nicht durch
große Worte, sondern durch sein eige-
nes Vorbild überzeugte. Ein Mann, der
mitten im Leben stand. Sein plötzlicher
Tod am Sonnabend, dem Tag seines 67.
Geburtstags, hat seine Frau Doris, die
Verwandten und Freunde wie aus heiter-
em Himmel getroffen.
Ein begnadeter Erzähler
Hans Wenzel war ein begnadeter Ge-
schichtenerzähler und irgendwie hatte
man das Gefühl, dass er über jeden Ort,
jedes Lokal und mindestens jeden zwei-
ten Bremerhavener etwas zu berichten
hatte. In seiner Seefahrerzeit hat er ei-
nen weiten Horizont gewonnen. Ein In-
teresse an der Welt und ihren Veränder-
ungen. Eine kluge und humorvolle Art,
die ihm auch in seiner politisch aktiven
Zeit als ehrenamtlicher Stadtrat für das
Gartenbauamt (1991 bis 1995), als
Stadtverordneter (1995 bis 2003) und
am Ende auch als Fraktionschef der
Grünen über alle Parteigrenzen hinweg
Respekt verschafft hat.
Der Musik von Frank Zappa bis zu Miles
Davis galt sein Interesse ebenso wie der
bildenden Kunst, der er als Gründungs-
mitglied der Galerie 149 zu einem wich-
tigen weiteren Ausstellungsort verhalf.
Wenige Stunden vor seinem Tod hatte er
noch dabei geholfen, dort die letzte Aus-
stellung abzubauen.
„Bij de Bloemen“
An seinem Wohnhaus in der Bremerha-
vener Straße gibt es einen zweiten Klin-
gelknopf. „Bij de Bloemen“ steht darauf
in holländischer Sprache. So konnte man
ihn auch im Garten erreichen. Für seine
Freunde ist es ein tröstlicher Gedanke:
Dass man sich irgendwann vielleicht ein-
mal wiedertrifft – bei den Blumen.
Nordsee-Zeitung vom 20.02.2013