Wenn in den Medien über den Bremerhavener Stadtteil Lehe berichtet wird, dann geht es neben dem
Thema "Verwahrloste Häuser" oftmals um Diebstahl, Raub oder Prügeleien. Die Eigentümerstandort-
gemeinschaft Lehe e.V. (ESG-Lehe) wollte es genau wissen und hat nachgefragt: Bei denen, die es
wissen müssen.
Zu einem der Tagesordnungspunkte ihrer öffentlichen Arbeitssitzung am 19.09.2013 hatte die ESG-
Lehe zwei Referenten der Bremerhavener Polizei eingeladen. Frau Laue (Präventionsrat Bremerhaven
und Leiterin Einsatz- und Lagezentrum) und Herr Wiebe (Leiter Einsatz- und Kontaktdienst) gaben ei-
nen Überblick über die Entwicklung der Kriminalität während der letzten Jahre in Bremerhaven und ver-
glichen diese mit der Anzahl der Fälle im Leher Goethe-Quartier. Dabei differenzierten sie auch nach
unterschiedlichen Krimminalitätsfeldern, wie beispielsweise Gewaltdelikte, Straßenkriminalität, Autoauf-
brüche oder Wohnungseinbrüche.
Für viele Mitglieder der ESG-Lehe und deren Gäste (die sich bisher nur ein Bild aufgrund der häufigen
Negativ-Schlagzeilen in den Medien machen konnten) sicherlich überraschend, zeigten die als Balken-
diagramme dargestellten Daten nirgendwo eine dem allgemeinen Trend gegenläufige Häufung von De-
likten im Goethe-Quartier. Grundsätzlich war deutlich ein rückläufiger Trend erkennbar, der sich so auch
mit Bezug auf das Goethe-Quartier wiederfindet. Die einzige Ausnahme zeigt sich beim Trend der
Wohnungseinbrüche, deren Zahl auch in diesem Jahr weiter ansteigen wird. Auch hier gibt es jedoch
keine Anzeichen für eine Konzentration auf das Goethe-Quartier.
Frau Laue meinte, es sei zwar wichtig, technische Sicherheitsvorkehrungen an Fenstern und Türen ein-
zubauen. Das größte Potential für ein sicheres Wohngefühl läge aber im Bereich der sozialen Maßnah-
men. Aufmerksame Nachbarn, die sich umeinander kümmern seien wichtiger, als eine "verrammelte
Tür" und "Gitter vor den Fenstern". Man solle sich nicht scheuen, die Polizei über den Notruf 110 zu
benachrichtigen, wenn man das Gefühl hat, dass irgend etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Es sei
besser, ihre Kollegen kämen zweimal vergebens, als einmal gar nicht.
Die Polizei bietet im Rahmen ihrer Präventiv-Arbeit auch Beratungen für einzelne Eigentümer, Mieter
oder ganze Hausgemeinschaften an. Neben Ratschlägen zu technischen Verbesserungen geht es auch
dabei im wesentlichen um die soziale Komponente.
Auf die Frage aus dem Publikum, warum sich einige Menschen trotz des erfreulichen Trends der Krimi-
nalstatistik nicht sicher fühlen, antworteten die beiden Referenten, die Angst mancher Menschen davor,
"im Dunkeln auf die Straße zu gehen", lasse sich in keiner Statistik wiederfinden. Dabei handele es sich
um das jeweils individuelle subjektive Empfinden der Menschen. Die einen würden abends bedenkenlos
aus dem Haus gehen, während die anderen hinter jeder Ecke einen Räuber vermuten, der ihnen an den
Kragen wolle. Den Diskussionen darüber war zu entnehmen, dass die Negativpresse sicher ihren Teil
zu den subjektiven Ängsten mancher Bürger beiträgt.
Um den Menschen ein Gefühl der Sicherheit zu geben, ist die Polizei im Goethe-Quartier besonders
präsent. Frau Laue wies daraufhin, dass erste Erfolge, die in vergleichbaren, ehemals verrufenen Quar-
tieren anderer Städte langfristig zur Trendwende geführt haben, inzwischen sichtbar werden. Als be-
kanntes Beispiel führte sie das Steintorviertel in Bremen an. Heute sei es "hipp", dort zu wohnen, wo
sich früher einmal Drogendealer und Junkies tummelten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, es gibt auch im Leher Goethe-Quartier Kriminalität, die sich aber
keineswegs vom allgemeinen Trend abhebt. Durch ihre hohe Präsenz im Viertel trägt die Polizei bereits
zur Verbesserung des allgemeinen Sicherheitsgefühls bei. Als weitere Maßnahme zur Verbesserung
des subjektiven Sicherheitsgefühls mancher Mitbürger wäre es wünschenswert, wenn die Medien weni-
ger Gewicht auf den Adrenalin-Kick "Lehe" legen, und stattdessen sachlich und neutral über Einbrüche,
Überfälle oder Gewalttaten in Bremerhaven berichten würden.
Sicherheit im Goethe-Quartier